Thulir – Bildung und Unterstützung für junge Adivasi (Ureinwohner) in Südindien
Unsere Zustifter Susanne und Stephan Laukenmann haben uns auf dieses Projekt aufmerksam gemacht und sind seine Projektpaten.
Die Bildungseinrichtung Thulir wurde 2003/2004 von Anu und Krishna, einem indischen Architektenehepaar aus der Gandhibewegung gegründet. Thulir bedeutet auf Tamil „Keimling“. Mit Thulir möchten Anu und Krishna den jungen Adivasi, die in Indien am untersten Ende der gesellschaftlichen Hierarchie leben, Zugang zu ihnen bisher verschlossenen Bildungsmöglichkeiten bieten und sie darin unterstützen, einen stabilen Platz in ihrer sich rasant wandelnden Lebenswirklichkeit zu finden.
Anu beschreibt das im Hinblick auf die Jugendlichen so: „Während der Zeit, die die Jugendlichen bei uns verbringen, soll es ihnen möglich sein, Verschiedenes zu lernen. Dabei sollen sie sich selbst – ihre Gaben und Interessen – entdecken. Sie sollen angeregt werden über verschiedene Fragen nachzudenken und Lösungen für Probleme zu finden. Mit Hilfe unserer Unterstützung sollen sie sich entscheiden, welchen Schritt sie als nächstes in Ihrem Leben tun wollen und diesen Schritt mit Würde gehen.“
Dies soll ihnen als Erwachsene ermöglichen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern und gleichzeitig ihre Traditionen und Identität als Adivasi zu bewahren.
Im Laufe der Zeit entstand bei vielen Eltern der Wunsch, dass mit Hilfe von Thulir eine alternative staatlich anerkannte Schule gegründet wird. In einem mehrjährigen Prozess wurde mit den Bewohnern der Gegend an einem Schulkonzept gearbeitet und es wurden 6 junge Adivasi zu LehrerInnen und MitarbeiterInnen ausgebildet.
Susanne Laukenmann arbeitete im Winter 2008 drei Monate in Thulir mit und steht seitdem in stetigem und engem Austausch zu Anu und Krishna - den Gründern von Thulir. „Thulir“ ist eine in Indien registrierte, caritative Stiftung.
Wer sind die Adivasi?
Adivasi sind die UreinwohnerInnen Indiens. Die über 80 Millionen Adivasi gehören etwa 500 verschiedenen ethnischen Gruppen mit eigenen Sprachen und Traditionen in ganz Indien an. Lebensgrundlage, Lebensweise und Glaube aller Adivasi sind traditionell eng mit der sie umgebenden Natur verbunden und in der modernen indischen Gesellschaft durch Umweltzerstörung, gesellschaftliche Ausgrenzung und Assimilationsdruck gefährdet.
Innerhalb der hierarchischen indischen Gesellschaft haben die Adivasi ihren eigenen Platz: Sie stehen außerhalb des Kastensystems am untersten Ende der gesellschaftlichen Hierarchie und sind besonders von Armut betroffen, benachteiligt und ausgegrenzt. Seit der Unabhängigkeit Indiens 1947 versuchte und versucht die indische Regierung und zahlreiche Entwicklungsprogramme, die Situation der Adivasi über ihre Integration in die Mehrheitsgesellschaft zu verbessern. Doch an der Benachteiligung der Adivasi hat sich bis heute nicht viel geändert. Die Adivasi sind besonders von Armut betroffen und auf allen Ebenen benachteiligt. Bildung und Gesundheit für Adivasi sind immer noch eine landesweite Herausforderung.
Unterrichtet wird an öffentlichen Schulen in der den Adivasi-Kindern meist unbekannten Landessprache, was sich auf ihre Ergebnisse auswirkt. Die Adivasi-Kulturen werden in den Lehrplänen nicht berücksichtigt und die Adivasi-Kinder so von ihren Traditionen entfremdet. Die von der Mittelschicht bevorzugten privaten Schulen, welche in Englisch unterrichten, sind den Adivasi aufgrund der Gebühren ohnehin verschlossen. Höhere Schulbildung ist für Adivasi-Kinder schwieriger zu erreichen und so sind sie an den Universitäten unterrepräsentiert, obwohl spezielle Quoten für Adivasi ihre Bildung besonders fördern sollen.
Ohne die entsprechende Bildung haben Adivasi keinen Zugang zu besseren Arbeitsplätzen. 60% der Adivasi-Männer und 80% der Frauen sind AnalphabetInnen. Die jetzige junge Generation ist in den meisten Familien die erste, die eine Schule besucht. In Sittilingi gibt es eine staatliche Schule bis zur 8. Klasse. In den ersten Jahren fiel der Unterricht sehr oft aus und das Bildungsniveau dieser Schule war sehr einfach. Viele Schüler erhielten nur eine äußerst rudimentäre Grundbildung. Inzwischen findet der Unterricht regelmäßig statt und der anfänglich eher sporadisch stattfindende Unterricht ist einem leistungs- und prüfungsorientierten Unterricht gewichen.
Wie wichtig die Arbeit von Thulir ist, zeigt auch eine Untersuchung der Vereinten Nationen, deren Ergebnis im Frühjahr 2015 veröffentlicht wurde. Sie stellt heraus, dass Selbsttötung und Selbstverletzung bei Kindern und Jugendlichen mit indigenen Wurzeln in den letzten Jahren weltweit stark zugenommen haben. Als Auslöser hierfür benannten Experten die bei Naturvölkern weit verbreitete Armut und Umweltbedrohung, besonders aber auch der Verlust kultureller Identität, Stigmatisierung sowie ein hoher Anpassungsdruck.
Bilder: 1. Schüler auf dem Schulweg 2. Fast die gesamte Arbeit wird ohne Maschinen bewältigt
Das Projektgebiet
„Thulir“ ist eine Bildungseinrichtung in Sittilingi. Die kleine ländliche Siedlung Sittilingi liegt in Südindien, im Bundesstaat Tamilnadu. Sie liegt ca. 220 km von Bangalore entfernt, in einem abgelegenen Tal, drei Stunden mit dem Bus von der nächsten Stadt entfernt. In dem Gebiet leben 40.000 Menschen, 95 % der Einwohner sind Adivasi (Malayalees). Das Tal ist von Wäldern umgeben und sehr grün. Die meisten Bewohner sind Kleinbauern.
Bis 1990 war das Gebiet nur sehr schwierig von außen zu erreichen, so dass es nahezu von der städtischen Zivilisation abgeschnitten war. Erst dann wurde es über eine neue Straße erschlossen.
Mit dem Anschluss an die städtische Zivilisation stehen die Adivasi ganz neuen Herausforderungen gegenüber: Alle Bewohner des Tales lebten bis zur Erschließung des Tales von dem was sie auf ihren Feldern und Gärten angebaut hatten. Diese Nahrung war einfach aber facettenreich. So verfügten sie beispielsweise über rund 15 verschiedene Getreidesorten mit ganz verschiedenen Nährstoffgehalten. Da Spritzmittel und Dünger gar nicht verfügbar waren, waren es auch alles ökologische Produkte.
Mittlerweile gewannen Handelsvertreter von Saatgut und Spritzmitteln einige Adivasi für den Anbau von sogenannten Cash Crops , d.h. Anbau von Lebensmitteln und Rohstoffen, die für den Handel bestimmt sind (Reis, Zuckerrohr, Baumwolle). Durch diesen landwirtschaftlichen Wandel ging in den letzten Jahren die Vielfalt der angebauten Lebensmittel stark zurück. Hauptnahrungsmittel ist nun weißer Reis. Das zieht wiederrum ernährungsbedingte Zivilisationskrankheiten nach sich, die bisher unbekannt waren, wie z.B. Übergewicht und Diabetes.
Darüber hinaus gehen mit dieser Entwicklung auch Bewässerungs-und Verschuldungsprobleme einher. Der Grundwasserspiegel ist aufgrund des Anbaus von bewässerungsintensiven Pflanzen wie Reis, Zuckerrohr und Baumwolle in dem letzten Jahrzehnt beträchtlich gesunken und immer mehr Familien droht aufgrund von Verschuldung der Verlust ihres Landes und damit ihrer Existenzgrundlage.
Zudem macht sich der Klimawandel bemerkbar: in den letzten Jahren litt die Gegend immer wieder unter Trockenheit aufgrund von ausbleibendem Monsunregen.
Die „Tribal Health Initiative“ (THI) und „Thulir“
Thulir hat sich aus der „Tribal Health Initiative“ (THI) entwickelt. 1993, also 3 Jahre nachdem das Tal durch eine Straße erschlossen wurde, gründeten Dr. Lalitha und Dr. Regi – ein indisches Ärzteehepaar aus der Gandhibewegung – die Tribal Health Initiative und ein Krankenhaus. Bis dahin gab es keinerlei medizinische Versorgung in dem Gebiet.
Bis auf die vier Ärzte des Krankenhauses stammt mittlerweile die gesamte Belegschaft aus den umliegenden Dörfern. Das bedeutet die Ureinwohner selbst betreiben das Krankenhaus. Sie wurden Stück für Stück an ihr Aufgabenfeld herangeführt und ausgebildet. Darüber hinaus ließen Dr. Lalitha und Dr. Regi alle Dorfgemeinschaften jeweils eine Frau bestimmen, die sie als Gesundheitsberaterinnen ausbildeten. Sie sind ein wichtiges Bindeglied der Dorfbewohner zum Krankenhaus.
Neben der Verfügbarkeit von Gesundheitsdiensten ist es Dr. Lalitha und Dr. Regi ein Anliegen die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Dazu gehört die Entwicklung nachhaltiger sozialer und wirtschaftlicher Strukturen. So riefen sie die "Organic Farming – Kooperative" und die "Craft - Kooperative" ins Leben.
Beide Kooperativen sollen den Adivasi, die hier vorwiegend für den Selbsterwerb Gemüse und Obst anbauen, eine zusätzliche Einnahmequelle bieten. Der Organic Farming Kooperative sind mittlerweile ca 200 Bauern beigetreten. Ihre Biobaumwolle und ihr Kurkuma haben ein offizielles Biosiegel und erzielen Preise, die 30 % über dem Durchschnittspreis liegen. Die Craft Kooperative hat eine alte traditionelle Stickkunst, wiederbelebt und ermöglicht ca. 60 Frauen eine monitäre Einnahmequelle. Die Stickkunst wird in den nächstgelegenen Städten auf einzelnen Ausstellungen und in Übersee verkauft - beispielsweise über einen englischen Fairtradeversand oder auf der Faire Trade Meile und dem Martinimarkt in Schwäbisch Hall.
Dr. Lalitha und Dr. Regi kennen Anu und Krishna aus der Gandhibewegung. Sie begeisterten sie für Sittilingi und die Gründung einer Bildungseinrichtung. 2003 kamen Anu und Krishna schließlich auch nach Sittilingi und begannen das Bildungszentrum Thulir aufzubauen.
„Thulir“ - die Entwicklung vom freien Bildungszentrum zur staatlich anerkannten Alternativschule
Anu und Krishna nahmen sich ein Jahr Zeit um ihr eigenes Heim aufzubauen und die bildungsspezifischen Gegebenheiten vor Ort und die daraus resultierenden Bedürfnisse festzustellen. Für Kinder von 6 – 14 Jahren besteht in Indien allgemeine Schulpflicht. Während dieses Zeitraumes ist der Besuch öffentlicher Schulen kostenlos.
Auch in Sittilingi gibt es eine staatliche Schule, die mit der achten Klasse endet. Es wurden zwar nahezu alle Kinder eingeschult, die meisten Schüler erhielten allerdings nur eine äußerst rudimentäre Grundbildung und in den höheren Klassenstufen gab es eine hohe Anzahl an Schulabbrechern. So entschieden Anu und Krishna, dass Thulir zunächst als freie Bildungseinrichtung fungiert und die staatliche Schule vor Ort ergänzt.
Die Schulkinder besuchten Thulir nur am Nachmittag - also außerhalb der Schulzeit. Hier wurden ihnen in kleinen Gruppen grundlegende schulische Basisfertigkeiten vermittelt. Darüber hinaus erlebten sie Thulir als Spielplatz und als einen Ort wo sie sich an verschiedenen künstlerischen, handwerklichen und sportlichen Aktivitäten beteiligen konnten.
Die ersten Jahre gestalteten Anu und Krishna größtenteils den Nachmittagsunterricht für die Schulkinder selbst, nach und nach trugen, die von Anu und Krishna dafür ausgebildeten jungen Erwachsenen den Hauptteil des Unterrichts.
Der Vormittagsunterricht wandte sich an Jugendliche und jungen Erwachsene, die ohne Schulabschluss, die Schule verlassen hatten oder Unterstützung benötigten um entsprechende Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten zu finden. Diese Vollzeitjahreskurse für diese Schüler verbanden den Erwerb praktischer Fertigkeiten mit dem Erwerb akademischer Fertigkeiten durch reale Arbeitsprojekte, die im realen Leben ihren Ausgangspunkt haben.
Die meisten Jugendlichen hatten ein sehr niedriges Selbstvertrauen und eine sehr einfache und lückenhafte Bildung. Um in Bezug auf den rasanten technologischen und sozialen Wandel ihrer Lebenswirklichkeit gestärkt und vorbereitet zu werden, benötigten diese Schüler:
1. Kognitive Angebote und Unterstützung: Nachhilfe in Bezug auf schulisches Grundwissen, Unterstützung beim Nachholen von staatlichen Abschlussexamen
2. Praktischen Unterricht, der sich ganz konkret auf Möglichkeiten in ihrem Lebenskontext bezieht: Imkern, Bauen mit einheimischen vorhandenen Baustoffen, Installation von Elektronik, Kochen mit Biogas, Nutzen von Solarstrom, ökologisch Landwirtschaften, Übernahme sowohl von organisatorischen Aufgaben als auch vom Unterricht selber
3. Künstlerische und sportliche Angebote: Malen, Töpfern, Gestalten mit Papier, Sportnachmittage, Sportfeste, Radtouren, Wanderungen, Training für Marathonlauf,…..
4. Angebote die dazu anregen, den eigenen Stand im Leben zu reflektieren und sich persönliche Ziele zu setzen: neben vielen individuellen Einzelgesprächen organisierten Anu und Krishna jeden Monat vier Sitzungen, wo jeder frei über seine persönlichen Ansichten und Bedürfnisse sprechen konnte. Diese Diskussionen drehten sich um soziale Themen wie zum Beispiel der Stand der Frau, Rollenverständnis, Alkoholismus, Verschuldung, ….
Viele Schüler entschieden sich nach dem Basiskurs für einen speziellen Bereich und arbeiteten darin weiter oder besuchten außerhalb von Sittilingi weiterführende Colleges. Die jungen Erwachsenen wurden teilweise zu gefragten Experten auf einzelnen Gebieten.
Nach 11 Jahren Thulir konnte folgende Bilanz gezogen werden:
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Mehr als 300 Schüler haben an den Unterrichtsangeboten teilgenommen
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40 Jugendliche haben an dem Vollzeitprogramm teilgenommen
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Im Tal entstand bei vielen Eltern der Wunsch, dass mit Hilfe von Thulir eine alternative staatlich anerkannte Schule in Sittilingi gegründet wird.
Bilder: 1. Ehemaliger Schüler von Thulir wird zum Experten für Elektrotechnik 2. Schüler erklärt Bau einer Taschenlampe 3. Krishna unterrichtet Mauern 4. Schüler mauern einen Bogen 5. Imkern 6. Landwirtschaftlicher Unterricht mit Krishna 7. Sporttag in Thulir 8. Kunstunterricht 9. Anu mit Schülern 10. Krishna unterrichtet Mathematik
Die Gründung einer staatlich anerkannten alternativen Schule
Als die Anzahl der Schüler sowie die Anzahl der verschiedenen Aktivitäten in Thulir stetig stieg und das Schaffen von neuem Platz und Räumlichkeiten immer dringlicher wurde, kauften Anu und Krishna ein neues Stück Land. Auf dieses Stück Land wollten Anu und Krishna verschiedene Gebäude bauen: eine Bibliothek, Klassenzimmer sowie Räumlichkeiten für den neu gegründeten Kindergarten.
Parallel dazu entstand bei einigen Adivasi aus den Dörfern des Tals der anhaltende Wunsch eine eigene Schule aufzubauen. So verbanden Anu und Krishna ihre Bauvorhaben und Planungen mit den Wünschen und Ideen der Bevölkerung. In einem mehrjährigen Prozess wurde mit der Dorfbevölkerung an einem Schulkonzept gearbeitet.
Doch durch den Regierungswechsel in Indien 2014 kam es zu neuen Bestimmungen für staatlich anerkannte Schulen. Nach diesen neuen Bestimmungen war das bereits erworbene Stück Land zu klein. Anu und Krishna mussten es wieder verkaufen und sich auf die Suche nach einem neuen Stück Land machen.
Da der neue Landerwerb sich über ein Jahr hinzog, die inhaltlichen Vorbereitungen für die Schule aber soweit gediehen waren, dass alle sehnsüchtig darauf warteten endlich zu beginnen, suchten Anu und Krishna nach einer Übergangslösung, die neue Schule trotzdem zu starten.
So funktionierten Anu und Krishna übergangsweise den bestehenden Thulircampus für den Start der neuen Schule um. Am 17. Juni 2015 war es dann endlich soweit: in den modifizierten Räumen von Thulir wurde festlich die staatlich anerkannte Alternativschule Thulir mit dem Start der ersten Klasse eröffnet. Die erste Klasse besuchen 25 Kinder im Alter von 4-6 Jahren aus 5 Dörfern. Die Anzahl der Bewerber überstieg um ein Vielfaches die Anzahl der vorhandenen Plätze.
Außerdem besuchen momentan 5 Jugendliche in Thulir einen Vollzeitjahreskurs. Eigentlich hatten Anu und Krishna beschlossen, diesen erst mal nicht weiter fortzufahren, um all ihre Energie auf den Aufbau der Schule zu richten. Doch diese 5 Jugendlichen haben in der staatlichen Schule keinen Schulabschluss erringen können und stehen nun ohne Perspektive da.
Darüber hinaus trainieren einige Schüler der staatlichen Schule gemeinsam mit ehemaligen Schülern von Thulir für Marathons. Das Thulirteam hat beispielweise 2015 an 5 Marathons teilgenommen.
Immer wieder arbeiten Freiwillige (Studierene und Arbeitende aus Indien und Europa) tage- und wochenweise in Thulir mit.
Bilder: 1. Eröffnungsfeier der neuen Schule 2. Klassenzimmer neue Schule 3. Morgenkreis mit der 1. Klasse
Bilder: 1 Schulpause 2. Stilleübung 3. Freiarbeit
Kauf des Landes und Schulbau
Anfang 2016 hat es dann endlich geklappt: Anu und Krishna konnten ein Stück Land erwerben, das den neuen staatlichen Vorschriften entspricht. So wurde 2016 parallel zu der unterrichtlichen Arbeit mit dem Bau der Gebäude der neuen Schule für ca. 165 Adivasikinder begonnen.
Die erste Bauphase – d.h. die Einzäunung des Geländes, das Bohren eines Brunnens und die Installation einer grundlegenden Wasserversorgung, sowie die Errichtung der verschiedenen Schulgebäude (Klassenzimmer, Büro, Toiletten, Werkraum, Raum für Arbeitsmaterial) ist beinahe abgeschlossen.
Am Schulbau waren und sind viele junge Erwachsene beteiligt, die in Thulir als Jugendliche über mehrere Jahre hinweg an theoretischen und praktischen Baukursen teilgenommen haben. Im Laufe des Baus konnten sie ihr Wissen und Können enorm ausbauen und wurden zu vollwertigen Maurern und Handwerkern. Darüber hinaus wurden nur 27 % der bisherigen Baukosten für die Materialbeschaffung außerhalb des Tals aufgewendet. Das heißt 73 % des Geldes wurden vor Ort für Material und Handwerker verwendet. Das hat die Wirtschaft im Tal sehr belebt!
Bilder: Ehemalige Schüler bauen einen Brunnen
Für den Winter 2018 plante Thulir den Umzug in die neue Schule, sowie den Start der zweiten Bauphase, die den Bau einer Küche, eines Speisesaals und einer öffentlichen Bibliothek umfasst. Da Thulir im ganzen Tal für junge Menschen der einzige öffentlich zugängliche Ort für Bücher und Lernmaterial ist, soll die Bibliothek auf dem Schulgelände eine für alle Menschen des Tals öffentliche Bibliothek werden.
Bilder: Verschiedene Phasen des Schulbaus: es wird viel mit Lehm gebaut, da dies ein vor Ort verfügbarer Baustoff ist.
Wie unterstützt die Ein Zehntel Stiftung die Bildungseinrichtung Thulir?
2011 übernahm die Ein Zehntel Stiftung 14 Stipendien für Jugendliche aus Adivasifamilien im Alter von 14 – 20 Jahren, die einen Vollzeitjahreskurs besuchten. Die Jugendlichen sind für dortige Verhältnisse im erwerbsfähigen Alter. Das bedeutet, normalerweise würden sie auf den Feldern ihrer Eltern mitarbeiten und darüber hinaus als Saisonarbeiter in Fabriken in der Stadt arbeiten. Wenn sie stattdessen in die Schule gehen, ist das einerseits für ihre Eltern ein gutes Gefühl, da sie um die Bedeutung von Bildung für die Chancen im Arbeitsleben wissen. Jedoch werden die helfenden Hände (es gibt kaum Arbeitsmaschinen) und auch das zusätzliche Einkommen schmerzlich vermisst. Als Kompromiss unterstützt Thulir die Familien soweit, dass die Jugendlichen zumindest für ihre eigenen Auslagen selber aufkommen können.
2014 unterstütze die Ein Zehntel Stiftung Thulir beim Bau der Übergangsschule. Dabei achteten Anu und Krishna darauf, dass die hierbei verwendeten Materialien wieder verwendbar sind (für den Bau der neuen Schule).
2016 finanziert die Ein Zehntel Stiftung in Kooperation mit der „Medwel Kinderfonds Stiftung“ den Brunnenbau sowie die grundlegende Wasserversorgung der neuen Schule.
2017 finanzierte die Ein Zehntel Stiftung in Kooperation mit der „Medwel Kinderfonds Stiftung“ den Bau von einem der Schulhäuser und darüber hinaus verschiedene Gewerke (Böden, Leitungen,..) an weiteren Schulhäusern des Campus.
2018 finanzierte die Ein Zehntel Stiftung den Bau der Schulküche. Ursprünglich besteht die traditionelle Ernährung der Ureinwohner aus einer ausgewogenen Mischung von selbst angebauten und gesammelten Saaten und Gemüsen. Leider ist diese ursprüngliche Ernährung in der indischen Gesellschaft nicht gut angesehen. Zudem hat die Regierung damit begonnen kostenlos weißen Reis an alle Familien auszugeben. So haben viele Ureinwohner ihre traditionelle Ernährung durch eine auf weißen Reis basierte Ernährung ersetzt. Diese Ernährung ist äußerst arm an Eiweiß, Vitaminen und Mineralstoffen, so dass im letzten Jahrzehnt Erkrankungen aufgrund von Mangelernährung stark zugenommen haben.
Thulir möchte diesem Trend durch die Ausgabe von einfachen, vor Ort angebauten und zugleich vollwertigen Mahlzeiten etwas entgegensetzen. Zusammen mit Informationsveranstaltungen und Unterrichtsangeboten soll ein Bewusstsein für die Zusammenhänge zwischen Mangelernährung und Erkrankungen geschaffen werden.
So ist für die neue Schule die Errichtung einer Küche, sowie eines Speisesaals, der ebenso als Veranstaltungsraum genutzt werden kann, sehr wichtig.
2018 schritt der Schulbau gut voran, so dass im Jahr 2019 die Lehrer und Schüler ihr Übergangsgebäude verlassen konnten. Das Provisorium wurde zurück gebaut und ein neues Schulgebäude bezogen.
Im Frühjahr 2020 unterstütze die Ein-Zehntel-Stiftung Thulir mit einer „Coronasoforthilfe“, um Anu und Krishna und die Ureinwohner mit den einschneidenden Folgen des indischen Lockdowns nicht alleine zu lassen.
Darüber hinaus möchte die Ein-Zehntel-Stiftung den Bau eines überdachten Essplatzes finanzieren. Diese und andere Bauarbeiten sind gerade jetzt so bedeutsam, weil sie in Coronazeiten den Menschen in Sittilingi, die im Baugewerbe tätig sind, eine eigenständige Deckung ihres Lebensunterhaltes ermöglichen.
2020: Projektbericht zur Schule siehe Projektseite: Neues von Thulir
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